Am 15. Oktober 2013 10. Dhul-Hidscha besuchten zahlreiche Muslime – aus unterschiedlichen Herkunftsländern – die Imam Ali Moschee, um gemeinsam das Opferfest-Gebet Salat-ul-Adh‘ha zu verrichten. Im Anschluss daran hielt Ayatollah Dr. Reza Ramezani – Imam und Leiter des Islamischen Zentrums Hamburg – einen Vortrag über das Thema „Das Opferfest als Erinnerung an die göttliche Lehre“. Es folgt eine kurze Zusammenfassung:

 

Das Opferfest gehört zu den größten Feierlichkeiten der islamischen Welt. Dieser gesegnete Tag erinnert auf eine Art an die verschiedenen Manifestationen der Gottesdienerschaft. Es ruft eine sehr schwere Prüfung in Erinnerung, der sich der große Prophet Abraham a.s. , der Architekt des Monotheismus stellen musste. Er demonstrierte wahre Gottesdienerschaft indem er Gottes Befehl gegenüber Gehorsam zeigte. Der hl. Koran umschreibt das Geschehen wie folgt:

 

„Dann gaben Wir ihm die frohe Botschaft von einem sanftmütigen Sohn. Als er alt genug war, um mit ihm zu arbeiten, sagte er. O mein Sohn, ich sehe im Traum, dass ich dich schlachte. Nun schau, was meinst du dazu?” Er sagte: “O mein Vater, tu, wie dir befohlen wird; du sollst mich – so Allah will – unter den Geduldigen finden.”“[1]

Um diese und ähnliche Verse richtig zu interpretieren, muss man zunächst das richtige Verständnis von den Begriffen der monotheistischen Lehre besitzen. Ist dies nicht der Fall und befasst man sich ohne die richtige Einführung mit diesen Erzählungen, entstehen sicherlich einige Fragen.

Die erste Frage ist, warum Gott, als Schöpfer Abrahams, der ihn auch liebt, ihm die Anweisung gibt, seinen geliebten Sohn zu opfern, vor allem einen Sohn, den er erst in hohem Alter dazugewonnen hat und ihn daher besonders liebt?

Bevor man diese Frage beantwortet, muss man daran denken, dass alle Menschen unabhängig von der Situation in der sie sich befinden, ständig geprüft werden. Dabei sollte man festhalten, dass Gott seine Diener nicht prüft, um Wissen über sie zu gewinnen – denn er ist allwissend. Diese Prüfungen gelten dem Wachstum des Menschen. Gott bringt die Menschen in Situationen, an denen sie wachsen können, damit sie ihre Kapazitäten durch Mühe entfalten und aufblühen lassen können. Menschen, die diese Prüfungen mit Erfolg hinter sich bringen, beschreiten fortwährend den Pfad der wahren Gottesdienerschaft. Diese Prüfungen sind an die Fähigkeiten und Kapazitäten der Individuen und Gesellschaften angepasst, und es wird nichts von jemandem erwartet, wozu er nicht fähig wäre oder was er nicht ertragen könnte.

 

Die göttlichen Prüfungen der Propheten

Prüfungen sind eine allgemeine Regel und selbst Propheten sind davon nicht ausgenommen. Die göttlichen Sachwalter, von Adam a.s. bis Muhammad s. wurden ständig geprüft, damit sie sich zu den höheren Rängen der Gottesdienerschaft steigern können. Wendet man sich an die wohl-dokumentierte Geschichte dieser göttlichen Sachwalter, sieht man, dass sie sich den schwierigsten Prüfungen stellen und viel Kummer über sich ergehen lassen mussten. Der hl. Prophet s. sagte einst, dass er unter den Propheten am meisten gelitten hat. Die Menschheit befand sich einst auch in einer Epoche, in der sie den Mord an diesen gottesfürchtigen Sachwaltern mit ansah. Es handelte sich um die bittersten Verbrechen der Geschichte, die von Gruppen von ignoranten und armseligen Menschen gegen die reinsten und besten Menschen der Zeit begangen wurden. Die Geduld der Propheten sowie ihr Widerstand und ihre Unermüdlichkeit wenn es darum ging, die Menschen zu rechtleiten, brachte ihnen den Erfolg bei diesen Prüfungen.

Die schwierigen Prüfungen Abrahams a.s.

Einige der lehrreichsten Geschichten der Propheten erzählen von Abraham a.s. . Er ist ein Vorbild im Monotheismus und Reinheit für alle Epochen. Er zerstörte die Götzenbilder und wurde dafür gesteinigt, er baute das Haus Gottes und musste dafür seine Familie mitsamt neugeborenem Kind in der trockenen Wüste zurücklassen[2]. Er lehrte den Monotheismus anhand der Natur des Menschen und argumentierte mit der Schöpfung selbst[3], als er das Thema mit dem Herrscher der seiner Zeit diskutierte[4]. Vor allem war er bereit, nachdem er in seinem Schlaf Gott mit ihm Sprechen gehört hatte, seinen eigenen Sohn aus Gehorsam zu opfern[5]. Aus all diesen Prüfungen trat Abraham a.s. erfolgreich hervor und gewann die Freundschaft Gottes „Freund“ ist zu seinem Beinamen geworden . Diese trug er wie eine Krone über sein Haupt und erlangte den Rang des göttlichen Sachwalters, wobei er zuvor nur ein Bote Gottes war.

 

Die Lehren Abrahams a.s.

Abraham a.s. gewann so viel an Erfahrung durch die göttlichen Prüfungen dazu, dass er vom Koran als eine eigene Nation gesehen wird und als Vorbild für die gesamte Menschheit gilt. Jeder Muslim sollte das monotheistische Leben dieses Propheten Gottes studieren und daraus lernen. Ein Grund dafür, dass die Propheten von Gott geprüft wurden war, damit sie als Vorbilder für die Menschen agieren können. Viele der Rituale wie z.B. die Pilgerfahrt nach Mekka sollen die Traditionen dieser großen, göttlichen Sachwalter in Erinnerung rufen und machen somit die monotheistische Lehre zu dem wichtigsten, was die Muslime von ihrer Pilgerfahrt mit nach Hause nehmen. Daraus lernt man, dass man zu einem Freund Gottes wird, wenn man im Diesseits das Leben eines Gottesdieners führt, und mit einem friedlichen Herzen das endgültige Ziel der Reise seines Lebens erreicht, wenn man Gott vertraut und in allem was man Tut, die Absicht hat, Gottes Zufriedenheit zu erlangen.

 

Das Opferfest lehrt uns, uns über die Natur und über die trivialen Dinge, denen wir unsere Aufmerksamkeit sonst schenken, zu erheben, und das haben wir als wahrhaftig gläubige Monotheisten zu erlernen. Wenn der Mensch den wahren Monotheismus erlangen will, muss er diesen Pfad aufrichtig beschreiten und dazu muss er all die Neigungen seines Herzens an den Monotheismus richten. Nichts darf in seinem Herzen so viel Platz haben wie der liebe Gott. Somit reist er zu seinem Schöpfer damit er sich am Ende seiner Reise bei dem Geliebten wiederfindet.

Das Opferfest ist eine Feier für jene, die den göttlichen Pfad beschreiten. Nachdem sie sich selbst fortwährend überwacht und ihre Taten berechnet haben, fühlen sie sich ihrem Schöpfer näher und genießen die Früchte eines reinen Lebens, während sie ihren Pflichten als Gottesdiener nachgehen.



[1]          37:101-102

[2]          Abraham, Arabi

[3]          Sure 37, ab Vers 102

[4]          2:258

[5]          Sure 37, ab Vers 7.

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